Waldorflehrerbildung als Stiftungszweck

Seit knapp 100 Jahren wirkt der Impuls der Waldorfpädagogik, der mit der Gründung der ersten Waldorfschule durch Emil Molt entstanden ist. Es sind mehr als 1200 Waldorfschulen weltweit und davon 230 in Deutschland entstanden. In jeder Schule lebt der Impuls der Waldorfpädagogik und wird durch das Zusammenwirken von Eltern, Schülern und Lehrern ausgestaltet und weiter entwickelt. In Deutschland finden die Waldorfschulen als allgemeinbildende Schulen in freier Trägerschaft inzwischen eine breite Akzeptanz.

Das besondere Konzept der Pädagogik bedarf auch einer spezifischen Lehrerbildung, die seit Jahrzehnten durch die Elternbeiträge der Waldorfschüler getragen wird. Waldorflehrer sind für ihre Schüler Impulsgeber und Mentoren, kritische Instanz und Begleiter auf ihrer „Entdeckungsreise“ durch die Schulzeit. Mit wachsenden Neugründungen von Waldorfschulen und mit dem in den nächsten Jahren anstehenden Generationswechsel in den Lehrerkollegien der bestehenden Schulen steigt der Bedarf an gut ausgebildeten Waldorflehrern stetig.

Die Emil-Molt-Stiftung stellt sich an die Seite der Eltern, die aus Verantwortung für ihre Kinder und deren gesunde Entwicklung die Waldorfschule gewählt haben und wählen werden. Wir stiften dazu an, in eine gute und fundierte Ausbildung künftiger Waldorflehrer nachhaltig zu investieren, weil es zur Weiterentwicklung der Waldorfpädagogik gut ausgebildete Lehrer in den Schulen braucht.

Dem Unternehmer Emil Molt war es ein Anliegen, Verantwortung für eine positive Entwicklung der Gesellschaft seiner Zeit zu übernehmen und sich für ein lebendiges und vielfältiges Unterrichtswesen einzusetzen. Mit der Arbeit der Emil-Molt-Stiftung schließen wir  an die Taten und die Haltung des Unternehmers Emil Molt an.

Aktuelle Situation

Mehr als 1.200 Waldorfschulen weltweit, davon über 230 in Deutschland, suchen gut ausgebildete Lehrer. Die Waldorfschulbewegung in Deutschland benötigt derzeit jährlich mindestens 500 ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, um den erforderlichen Bedarf notdürftig zu decken.

Nur etwa die Hälfte der angehenden Waldorfpädagogen kann dabei eine qualifizierte Vollausbildung nachweisen. Vor allem für die Fächer der Oberstufe (Klassenstufe 9-13), und hier insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern und in Mathematik fehlen qualifizierte Fachlehrer.

Darüber hinaus wird in den kommenden 10 Jahren rund die Hälfte der derzeit tätigen Waldorflehrerinnen und -lehrer in den Ruhestand gehen. Dadurch wird der Bedarf noch um jährlich ca. 300 ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer anwachsen.

Worauf zielt Waldorflehrer-Ausbildung?

Deutschlandweit bilden drei Ausbildungsstätten, in Mannheim, Stuttgart und Witten, junge Menschen in einem grundständigen, fünfjährigen Studium zum Waldorflehrer aus.

Künftige Waldorflehrer sollen  ihren Beruf mit Enthusiasmus und Kompetenz ergreifen. Dafür bedarf es einer gründlichen Selbst- und Neuorientierung im Bereich von Erziehungs- und Entwicklungsfragen. Sich die Erfahrungen und Prägungen aus der eigenen Schulzeit bewusst zu machen und im Hinblick auf die eigenen Maßstäbe seines künftigen pädagogischen Handelns zu hinterfragen  kann als elementares Element der Ausbildung bezeichnet werden. Daher hat die Ausbildung von Anfang an große Praxisanteile, die von geschulten Mentoren durch Entwicklungsgespräche begleitet werden und einen Prozess kontinuierlichen Lernens und Umgestaltens der eigenen Perspektiven öffnen sollen.

Erziehungskunst setzt Persönlichkeitsbildung voraus. Diese ist ein zentrales Motiv der Waldorflehrer-Ausbildung. Der stete Umgang mit den Künsten Bildhauerei, Sprache und Schauspiel, Musik und der Bewegungskunst Eurythmie zieht sich durch die gesamte Lehrerbildung. Die durch Übung gemachten Erfahrungen in den künstlerischen Bereichen dienen auch als Sensorium für die besondere Erscheinung und Ausdrucksweise eines jeden Kindes, um auf diese im Unterrichtsgeschehen adäquat eingehen zu lernen.

Die Auseinandersetzung mit diesen Erfahrungswelten fordert Übung darin, innere Perspektivwechsel vorzunehmen und die eigene Begrifflichkeit entsprechend weiter zu entwickeln.  Dies geht in der Ausbildung einher mit dem Studium der Kultur- und Ideengeschichte, stets begleitet von der Fragestellung: Welche Art des In-der-Welt-Stehens kommt durch diese oder jene Formulierung und Sichtweise zum Ausdruck? Diese Frage fördert ein integrierendes Menschen- und Weltverständnis, da sie den Studierenden dazu veranlasst von seinem momentanen Standpunkt abzusehen und einen anderen Standpunkt einzunehmen. Das Bewusstsein für den eigenen Standpunkt wächst, aber zugleich auch die Möglichkeit, diesen wie von außen zu betrachten und sich selbst im momentanen Kontext einzuordnen. Damit ist eine Grundlage für offene Gespräche gelegt, die sowohl im späteren Kollegium wie auch in der Zusammenarbeit mit Eltern und Dritten außerhalb der Schule entscheidend ist.

Weitere Bereiche des Studiums sind das Verhältnis von Schule/Schulgemeinschaft zu Gesellschaft, Grundfragen einer Selbstverwaltung und des damit einhergehenden Rechts- und Wirtschaftsverständnisses, Führungsansätze und -methoden sowie die entsprechende Didaktik und Methodik und verschiedener Unterrichtsfächer.